Am Plattenbau wird die zunehmende Segregation deutlich

Eine kürzlich durchgeführte Studie offenbarte, was viele bereits geahnt haben. Aufgrund des ökonomischen und sozialen Drucks bleiben in deutschen Städten die finanziell Schwachen immer mehr unter sich. Insbesondere Familien mit Kindern in ostdeutschen Städten sind von dieser Entwicklung betroffen.

Geografen und Sozialwissenschaftler bezeichnen diese Form der Stadtentwicklung als Segregation, die sich am besten mit dem Begriff Entmischung übersetzen lässt. Die räumliche Segregation nach der Höhe des Haushaltseinkommens hat in den letzten Jahren in Deutschland erheblich zugenommen. Im Klartext bedeutet dies: Hartz IV-Bezieher leben heute häufig in der Nähe von anderen Geringverdienern als noch im Jahr 2004. Um diese Entwicklung in Zahlen darstellen, wird ein Segregationsindex herangezogen. Er offenbart, wie ungleich eine Bevölkerungsgruppe in topografischer Hinsicht sich im Vergleich zum Bevölkerungsdurchschnitt einer Stadt verteilt. Wird dieser Index auf alle deutschen größeren Städte angewendet, zeigt sich ein klares Bild: Die höchsten Indexwerte sind in ostdeutschen Städten. Ganz vorn liegt mit einem Indexwert von 40 die Stadt Schwerin. Die am wenigsten segregierte Stadt der Bundesrepublik ist Offenbach mit einem Indexwert von 10. Am stärksten wird die Segregation in den Plattenbauten deutlich.


me le immobilien

Plattenbau als Anziehungspunkt

Die Orte in Deutschland, die einen Indexwert unter 20 haben, befinden sich ohne Ausnahme in den alten Bundesländern. Erlangen und Wolfsburg bilden in Westdeutschland das Schlusslicht. Noch kritischer ist die Lage allerdings in ostdeutschen Städten wie Erfurt und Potsdam. Auch in Rostock ist der Segregationsindex hoch. Die Wissenschaftler hinter der Studie vermuten, dass dies vor allem an den vielen Plattenbauten liegt. In ihnen ist der Anteil an Beziehern von Sozialleistungen exorbitant hoch. Beachtenswert ist ferner, dass in Rostock nicht nur der Segregationsindex hoch ist, sondern sich dieser von 2005 bis 2014 sogar erhöht hat. Um 1,2 Prozentpunkte hat sich die Segregation verstärkt. Sozialwissenschaftler sehen diese Entwicklung als gefährlich an. Mit der Segregation gehen zumeist ungleiche Lebenschancen und eine Überauslastung von sozialen Infrastruktureinrichtungen in den jeweiligen Wohnbezirken einher. Durch eine gezielte Vermischung der Bevölkerungsgruppen durch die Stadtplanung soll dies verhindert werden. Die Maßnahmen greifen jedoch nicht überall gleich gut.

Plattenbau: mögliche Ursachen für die Segregation

In die Plattenbauwohnungen in Mecklenburg-Vorpommern zieht es Paare mit Kindern, Alleinerziehende und Senioren mit geringen finanziellen Mitteln gleichsam. Die Gründe dafür sind vielfältig. Einige Bewohner haben ihr ganzes Leben dort verbracht und entscheiden sich bewusst für eine Plattenbauwohnung. Sie fühlen sich wohl in dem Häuserblock. Neben der freiwilligen Segregation gibt es auch die unfreiwillige Segregation. Sie ist das Ergebnis von steigenden Wohnpreisen, die es für einige Bevölkerungsschichten nahezu unmöglich machen, einen vergleichbar großen Wohnraum in einem anderen Wohnbezirk zu finden. Beachtenswert ist ferner, dass es eine Verbindung zwischen dem Anteil der Sozialwohnungen und der Armutskonzentration gibt. Je mehr Sozialwohnungen in einem Bezirk vorhanden sind, umso mehr Bezieher von Sozialleistungen leben dort. Die Stadtplanung ist daher verstärkt gefragt, gegen die Entmischung durch gezielte Maßnahmen anzukämpfen. Es bleibt abzuwarten, was die Zukunft bringen wird.